Produktionsintegrierter Naturschutz

Was sind produktionsintegrierte Naturschutzmaßnahmen

Produktionsintegrierte Naturschutzmaßnahmen (PIN) sind Maßnahmen, die auf landwirtschaftlichen Nutzflächen umgesetzt werden und in die landwirtschaftliche Produktion bzw. den Betrieb integrierbar sind. Die Umsetzung dieser Naturschutzmaßnahmen kann dem Artenschutz dienen, zu einer ökologischen Aufwertung des Naturhaushalts führen oder zur Herstellung oder Wiederherstellung des Landschaftsbildes beitragen. Es kann sich dabei um Ausgleichs-, Ersatz- oder Artenschutzmaßnahmen handeln, die aufgrund der Regelungen des BNatSchG oder des Baugesetzbuches (BauGB) erforderlich sind. In diesem Zusammenhang sind die Maßnahmen auch als PIK (Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen) bekannt. Sie können jedoch auch als freiwillige Naturschutzmaßnahmen durchgeführt werden, ohne dass eine gesetzliche Verpflichtung zur Umsetzung besteht.

Fragen und Antworten zu
produktionsintegrierten
Naturschutzmaßnahmen

Was kann mit PIN-Maßnahmen erreicht werden?

PIN-Maßnahmen sind insbesondere zum Schutz und zur Förderung von Arten, die auf agrarisch geprägte Lebensräume angewiesen sind, geeignet. Dies gilt für Artenschutzmaßnahmen, die im Rahmen von Baumaßnahmen notwendig werden und auch als vorgezogene Maßnahmen (Ökokonten und CEF-Maßnahmen) umsetzbar sind. Der in diesem Zusammenhang entstehende Mehrwert für die betreffenden Arten bedeutet in der Regel auch einen Mehrwert für den Naturhaushalt. PIN-Maßnahmen können so auch multifunktional wirksam werden und zumindest teilweise auch Eingriffe in das Landschaftsbild ausgleichen.

Wem obliegt die Umsetzung der PIN-Maßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung?

Werden die PIN-Maßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung umgesetzt, so gilt gemäß § 15 Abs. 4 BNatSchG: „Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.“ Der Verursacher des Eingriffs ist somit in der Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die PIN-Maßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt und bewirtschaftet bzw. gepflegt werden. Er kann sich hierfür eines geeigneten Maßnahmenträgers bedienen. Auf vertraglicher Basis wird zwischen diesen beiden Parteien die Flächenverfügbarkeit sowie Art und Dauer der meist extensiven (Teil-)Flächenbewirtschaftung geregelt. Für die Umsetzung vor Ort kann der Maßnahmenträger wiederum Verträge mit ortsansässigen Landwirten abschließen.

Was geschieht nach Ablauf der Vertragslaufzeit mit den Maßnahmen?

Bei lang andauernden Eingriffen wie Straßen oder Baugebieten wird dem Eingriff i.d.R. eine geeignete Fläche für die Ausgleichsmaßnahmen zugeordnet und entsprechend dauerhaft gesichert. Davon unabhängig kann ein Vertrag zwischen Eingriffsverursacher und Maßnahmenträger die Bewirtschaftung der Fläche für einen bestimmten Zeitraum regeln. Nach dessen Ablauf steht die Fläche weiterhin zur Umsetzung der Ausgleichsverpflichtung zur Verfügung. Die extensive Bewirtschaftung kann dann durch einen neuen Vertrag weiterhin gesichert werden. Handelt es sich um einen temporären Eingriff, so kann auch der Ausgleich auf die Dauer des Eingriffs ausgerichtet werden.

Wie können Flächen für PIN-Maßnahmen dauerhaft gesichert werden?

Im Rahmen der Eingriffsregelung kann die PIN-Maßnahmenfläche genau wie jede andere Ausgleichsfläche über eine Baulast, die Eintragung einer Dienstbarkeit oder Reallast in das Grundbuch oder als Darstellung im Bebauungsplan dauerhaft gesichert werden. Vertragliche Lösungen, z.B. mit einem geeigneten Maßnahmenträger, sind ebenfalls möglich.

Gehen PIN-Maßnahmen über die „gute fachliche Praxis“ des wirtschaftenden Landwirtes hinaus?

Der Begriff der „guten fachlichen Praxis“ wird in rechtlicher Hinsicht in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen näher erläutert, zu denen neben dem BNatSchG z.B. auch das Bodenschutzgesetz und die Düngeverordnung zählen. Im Rahmen dieser Vorschriften werden Standards definiert, die von den Landwirten bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen einzuhalten sind. Im Rahmen von produktionsintegrierten Naturschutzmaßnahmen werden darüber hinausgehende Bewirtschaftungsauflagen von den zuständigen Behörden festgelegt, um gegenüber der herkömmlichen Bewirtschaftung einen Mehrwert für den Naturhaushalt zu erzielen. Dies kann z.B. auch Maßnahmen umfassen, die in der landwirtschaftlichen Praxis kaum noch oder gar keine Anwendung mehr finden. In Bayern sind PIK-Maßnahmen in der bayrischen Kompensationsverordnung enthalten. In NRW hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz die „Numerische Bewertung von Biotoptypen für die Eingriffsregelung in NRW“ (LANUV 2008) herausgegeben, in der verschiedene Maßnahmenkombinationen zur naturschutzfachlich geeigneten Bewirtschaftung von Acker- und Grünlandflächen benannt werden, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen und als Kompensationsmaßnahmen anerkannt werden.

Können PIN-Maßnahmen auf wechselnden Flächen umgesetzt werden?

Grundsätzlich können PIN-Maßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung auf wechselnden Flächen umgesetzt werden, wenn sich ein geeigneter Maßnahmenträger mit entsprechender Sachkunde um die Anlage, Umsetzung und langfristige i.d.R. extensive Bewirtschaftung der Maßnahme kümmert. Voraussetzung für einen Flächenwechsel ist jedoch die Unbedenklichkeit der Rotation für die naturschutzfachliche Funktionserfüllung der Maßnahme, weshalb ein Flächenwechsel z.B. bei langjährig extensiviertem Grünland nicht in Frage kommt. Besteht jedoch die Möglichkeit zum Flächenwechsel, können die Maßnahmen besser in die Fruchtfolge integriert werden. Zudem wächst die Bereitschaft der Landwirte, sich an der Umsetzung solcher Maßnahmen zu beteiligen, da der Verpflichtungszeitraum überschaubar ist. Dies kann zu einem größeren Angebot von Flächen führen, wodurch es wiederum leichter wird, Ausgleichsmaßnahmen eingriffsnah und funktionsgerecht umzusetzen. Um die Funktionalität der Maßnahme zu gewährleisten, kann von den zuständigen Behörden ein Suchraum festgelegt werden, innerhalb dessen die Maßnahme wechseln kann. Darüber hinaus kann der Zeitraum und der Turnus festgelegt werden, in dem die Maßnahmenfläche gewechselt werden darf. Voraussetzung ist, dass der Maßnahmenträger zu jedem Zeitpunkt darüber informiert ist, auf welchem Flurstück die Maßnahme aktuell umgesetzt wird. Er kontrolliert die Umsetzung der Maßnahmen oft mehrmals im Jahr und beseitigt auftretende Mängel über die gesamte vereinbarte Vertragslaufzeit. Außerdem informiert er die zuständigen Behörden in regelmäßigen Abständen.

Wie erfolgt der Maßnahmennachweis bei Maßnahmen auf wechselnden Flächen?

Der geeignete Maßnahmenträger liefert die entsprechenden Geoinformationen in einem gängigen GIS-Format an die zuständigen Behörden und den Vorhabensträger. Werden Maßnahmen auf wechselnden Flächen umgesetzt, erfolgt ein jährlicher Flächennachweis. So kann der Nachweis problemlos in das Ausgleichsflächenkataster der Naturschutzbehörden übernommen werden. Sollte noch kein Kompensationskataster vorliegen, können die Daten auch als Kartenauszug übermittelt werden. Auf diese Weise besteht für alle Beteiligten zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich von der ordnungsgemäßen Umsetzung der Maßnahmen zu überzeugen. Davon unabhängig kann eine regelmäßige Berichtspflicht seitens des Maßnahmenträgers an die zuständigen Behörden vereinbart werden.

Wie lange können PIN-Maßnahmen umgesetzt werden?

Grundsätzlich können PIN-Maßnahmen über einen beliebigen Zeitraum umgesetzt werden, wobei eine langfristige Umsetzung vorzuziehen ist. Im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen ist eine dauerhafte Umsetzung grundsätzlich möglich.

Wie hoch ist die Bereitschaft von Landwirten PIN-Maßnahmen umzusetzen?

Die Bereitschaft zur Umsetzung von produktionsintegrierten Naturschutzmaßnahmen ist heute bereits hoch und steigt stetig an. Die Umsetzung von PIN-Maßnahmen bietet für die Landwirte vielfältige Vorteile: Ihre Flächen bleiben unter Auflagen als Produktionsflächen erhalten und die Maßnahmen sind unter Umständen in die Fruchtfolge integrierbar. Sie müssen keine Eigentumsflächen verkaufen und auch nicht auf Pachtflächen verzichten, die der Verpächter möglicherweise für Ausgleichsmaßnahmen verkauft hätte. Bei Maßnahmen auf wechselnden Flächen können ebenso gut Pachtflächen für die Umsetzung genutzt werden. Sie haben, unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Vorgaben, die Möglichkeit, Einfluss auf die Flächenauswahl für die Ausgleichsmaßnahmen zu nehmen und erzielen ggf. durch die zu zahlende Entschädigung ein zusätzliches Einkommen. Darüber hinaus engagieren sie sich im Bereich Naturschutz und kommen so gesellschaftlichen Ansprüchen an die Landwirtschaft nach. Auch die möglichst frühzeitige Einbindung der Landwirte in die Planung der Maßnahmen verbessert deren Akzeptanz. Dies ist darüber hinaus auch aus fachlicher Sicht häufig sinnvoll, da die Landwirte über das notwendige Fachwissen und die erforderliche Ortskenntnis verfügen. Im Idealfall ist der bisherige Bewirtschafter der Flächen dann auch derjenige, der die Maßnahme umsetzt, da er auch die tatsächlichen Maßnahmenflächen genau kennt.

Liegen bereits Erfahrungen bei der Umsetzung von PIN-Maßnahmen im Rahmen von Ausgleich und Ersatz vor?

Die Idee der Umsetzung ökologisch wirksamer produktionsintegrierter Naturschutzmaßnahmen wurde aufgrund der naturschutzfachlichen Notwendigkeit in die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung übernommen. Die daraus resultierenden Verpflichtungen wurden zunächst häufig durch die Neuanlage oder Extensivierung von Grünland erfüllt. Durch die starke rechtliche Verankerung des Artenschutzes im BNatSchG ist die Bedeutung von funktionsgerechten Maßnahmen auf Ackerflächen in den letzten 15 Jahren jedoch gestiegen. Sind vorhabenbedingt Arten betroffen, zu deren Habitat Ackerflächen gehören, sind PIN-Maßnahmen auf Acker häufig sogar notwendig, um einen funktionsgerechten Ausgleich zu erzielen. Dies hat dazu geführt, dass PIN-Maßnahmen in den letzten Jahren bundesweit in zahlreichen Genehmigungen festgelegt wurden. Einige Beispiele hierfür sind in diesem Handbuch enthalten.

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